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Wortwörtliches Übersetzen und der "Zwischenraum"

Ges

tern Mittag führte ich die 12. Stunde eines B1-Englischkurses bei einer in Bern ansässigen Firma durch. Wir besprachen "Survival Vocabulary" und "Essential Phrases", also allerlei Dialoge und Ausdrücke, wie man sich im Urlaub auf Englisch verständigt, Ausflüge bucht, Kleider kauft und vieles mehr.

Bei Englischkursen liegt es Deutschsprechern natürlich nahe, einfach alle Worte eines deutschen Satzes auf Englisch zu übersetzen. Dies lässt die Ähnlichkeit der beiden Sprachen zu. Natürlich kommt dabei kein ganz perfektes Englisch heraus, aber dennoch funktioniert es grösstenteils. Aber wie können wir die falschen "Übertragungen" ins Englische vermeiden?

Zuerst, und daran führt kein Weg vorbei, müssen wir die richtigen englischen Formulierungen kennen. Hier ein Beispiel:

Wenn im Schuhgeschäft gefragt wird, welche Schuhgrösse der Kunde hat, kann folgende Frage gestellt werden:

"What size shoes do you take/wear?"

"I am usually a size 41."

Vergleichen wir dies mit einer üblichen deutschen Unterhaltung:

"Welche Schuhgrösse haben Sie?"

"Ich habe normalerweise Schuhgrösse 41."

Schauen wir uns ein Beispiel beim Kleiderkaufen an:

"What size are you?" (Alternativ: What is your size?)

"I am a size 32."

"Welche Grösse haben/tragen Sie?"

"Ich habe/trage Grösse 32."

Wir sehen in beiden Beispielen zwei wesentliche Unterschiede:

  1. Im Englischen wird das Verb "to be" mit Grössenangaben verwendet: "I am a size 41." Im Deutschen hingegen das Verb "haben".

  2. Im Englischen sollte in dieser Formulierung der unbestimmte Artikel "a" vor "size" verwendet werden. Im Deutschen hingegen hört es sich merkwürdig an, wenn ein Artikel verwendet wird.


Möchten wir also von den deutschen Formulierungen zum Englischen kommen, können nicht einfach die Frage ins Englische übertragen.

Welche Schuhgrösse haben Sie? -> *What shoe size do you have?

Obwohl man wahrscheinlich von den meisten trotzdem verstanden würde, sollten wir uns den kleinen Extraaufwand leisten und im Gehirn eine kleine Zwischenstufe einrichten, die die Formulierungen aus dem Deutschen umbaut, bevor wir auf englisch einen Satz konstruieren. Dafür brauchen wir einfache Regeln, die uns sagen, was wir umbauen müssen. Für das Beispiel oben kommen wir mit folgenden Regeln zum Ziel:

 

"Welche Grösse haben Sie?"

Regeln

  1. "Welche" als "What" übersetzten

  2. "haben" mit "to be" auswechseln

Resultat: "What size are you?"

"Ich habe/trage Grösse 32."

Regeln

  1. "haben/tragen" mit "to be" auswechseln

  2. zu "Grösse" unbestimmten Artikel "a" hinzufügen

Resultat: "I am a size 32."

Zusammenfassung

Oft funktionieren Fremdsprachen nicht wie unsere Muttersprache. Wenn wir uns beim Übersetzen im Kopf einen kleine Zwischenraum erlauben, in dem wir Regeln auf unsere eigene Sprache anwenden, wie die Formulierung verändert werden muss, dann können wir jedes Mal die richtige Formulierung finden. Der Vorteil dieses Zwischenraumes ist, dass wir einen Pfad von der Erstsprache hinüber in die Fremdsprache gebaut haben und uns nicht den teils sehr anderen Wortlaut direkt einprägen müssen.

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