Geschlecht, Transidentität und Feminismus – was denken Frauen dazu? Diese Frage stellt sich die Debatte «Beinhaltet Feminismus Transfrauen? Feministinnen vs. Antifeministinnen.», die kürzlich auf dem YouTube-Kanal Jubilee erschienen ist. Auf die beinahe stündige Debatte reagiert in einem Reaction-Video der dänische Transmann, Marcus, mit einem eigenen Video auf seinem eigenen Channel. Er reagiert auf insgesamt 15 Ausschnitte aus der Debatte. Als Transmann (biologisch weiblich) ist seine Perspektive in dieser Hinsicht natürlich sehr brisant. Im Folgenden bespreche ich drei Reaktionssequenzen und erläutere ihre Bewandtnis und versuche die Meinungsverschiedenheiten nachvollziehbar darzustellen. Zum Schluss folgen meine eigenen Gedanken zur behandelten Debatte.
Zu Beginn der Debatte wird als Motto der einen Gruppe über eine Einspielung das Motto verkündet: "Feminismus, der Transfrauen nicht miteinbezieht ist kein Feminismus." Danach beginnt die Debatte mit einer Frau aus der Feministen-Gruppe mit der Aussage, dass es sehr wichtig sei, Trans-Frauen, Trans-Menschen und gender-queere Leute mit einzubeziehen. Sie bemerkt ausserdem, dass sie selbst gender-queer sei. Sie sehe sich selbst nicht als Frau.
Daraufhin unterbricht Marcus die Sequenz mit dem Einwurf: "Du magst dich zwar nicht als Frau sehen, aber du bist eine." Er fügt an, dass er die Frau zwar nicht kenne, aber denke, dass es daher komme, dass sie eine unangenehme Erfahrung als Frau gemacht habe und sie nun versucht, sich von diesem Fakt zu distanzieren. Marcus sagt, er verstünde es, falls dies der Fall wäre und hoffe, dass sie sich damit besser fühlt, aber er denke nicht, dass es ihr langfristig helfen wird, denn sie höre sich ziemlich irrational an, wenn sie sagt, sie sei keine Frau. Was Marcus hier impliziert, ist der Fakt, dass nicht die eigene Identifikation das Geschlecht bestimmt, sondern die Biologie.
In einer späteren Sequenz stellt eine der Feministinnen einer Antifeministin die Frage, ob sie dasselbe Mass an Angst verspüre, wenn sie eine männliche Person und eine Transfrau sieht. Die Antifeministin beginnt ihre Antwort mit der hypothetischen Situation, in der eine Transfrau sie verprügeln möchte. Dass sie eine hypothetische Situation beschreibt, ist anfangs nicht ganz eindeutig. Daraufhin wird sie ausgelacht und spöttisch gefragt, wieso denn eine Transfrau sie verprügeln wolle. Bevor die Sequenz weitergeht, kommentiert Marcus ironisch: «Das ist lustig, weil alle Transfrauen nette, gute Menschen sind. Sie könnten niemals schlechte Menschen sein, sie könnten nie gewalttätig sein." Er kritisiert die Feministin dafür, dass sie eine andere Frau auslacht, die ihre Besorgnis ausdrückt. Er wirft ihr vor, keine gute Feministin zu sein. Wenn man glaubt, Transfrauen seien nicht fähig, schlechte Menschen zu sein, sähe man sie nicht als gleich an. "Wenn ich in dieser Debatte gewesen wäre, hätte ich die Frau gefragt: Wenn Transfrauen Frauen sind und du anerkennst, dass Frauen gewalttätig sein können, wieso können dann Transfrauen nicht gewalttätig sein?" Sie solle aufhören, Transmenschen auf ein Podest zu stellen, denn Transmenschen seien ebenfalls echte Menschen. Jeder Mensch könne gemein sein, könne ein schlechter Mensch sein, könne gewalttätig sein. Es sei also nicht lächerlich, sich vorzustellen, dass auch eine Transfrau so sein kann. Oft werden Transmenschen von ihren Fürrednern sehr positiv dargestellt und idealisiert. Das verzerrt das Bild dieser Menschen, die, wie Marcus richtig sagt, auch zu Schlechtem fähig sind.
Im nächsten Abschnitt beginnt eine der Antifeministinnen mit dem Satz: "Wenn da ein biologischer Mann ist, eine Transfrau, …" Doch bevor sie den Satz zu Ende führen kann, unterbricht sie eine Feministin mit dem Einwand, sie sei nicht mit ihrer Definition einer Transfrau einverstanden. Daraufhin interveniert Marcus: "Dann bist du nicht mit der gesamten Existenz von Transmenschen einverstanden. Schön für dich! Wenn du sagst, ein Transmann sei keine biologische Frau, dann implizierst du, dass damit etwas falsch ist."
Diese Meinungsverschiedenheit setzt an einem sehr grundlegenden Punkt in der gesamten "Gender-Debatte" an, nämlich an der Frage, was "transsexuell" überhaupt bedeutet. Im Englischen existieren zwei unterschiedliche Wörter für das Geschlecht: gender und sex. In der aktuellen Verwendung findet das Wort ,sex’ Anwendung in Bezug auf das biologische Geschlecht eines Menschen, seine Chromosomen und seine (Sexual-)Anatomie. , Gender’ hingegen wird gemeinhin als die sozialen Aspekte des Geschlechts verstanden. Ob es "Gender" in dieser Funktion gibt, ist jedoch umstritten. Aktuell gibt es - speziell im Internet - viele, die ihre "Genderidentität" als Clown oder als Tier oder weitere, nicht weniger abstruse Identifikationen verlautbaren. Diese Identitäten sind allerdings nicht mehr sexueller Natur und sind ebenso losgelöst von der Biologie und Genetik. Marcus sieht im Hinblick auf "Transgenderismus" nur den Transsexualismus als wahre Form des Transsexuell-Seins an. Dazu braucht es das Vorhandenseins einer Geschlechtsidentitätsstörung (GIS) und den Wunsch, als das andere Geschlecht leben zu wollen. Dabei ist es ausgeschlossen, androgyn auftreten zu wollen, da die "Dysphorie", also das Unglücklichsein, ebendann auftritt, wenn man sich selbst als das biologische Geschlecht erlebt. Marcus etwa, möchte als Mann leben, wie ein Mann aussehen und als solcher wahrgenommen und behandelt werden, sodass er sich wohlfühlt. Dabei gibt es keine Grauzone oder Tage, an denen er es sich anders überlegt.
Was die Feministin in der Debatte tut, ist nichts Anderes, als die Definitionen zu verändern und Menschen mit in die Kategorie "Transsexuelle" hineinzunehmen, die nach der ursprünglichen (biologischen) Definition nicht dazugehören. Sie würde wohl auch Menschen mithineinnehmen, denen keine GIS diagnostiziert wurde und die aus anderen Gründen die Identität als trans beanspruchen und nicht unter "Dysphorie" leiden, wie es Transsexuelle tun.
Damit koppelt sie den trans-Begriff vom biologischen Geschlecht ab, was jedoch die Grundlage der eigentlichen Trans-Identität bildet. Losgelöst von seiner Grundlage hat diese Bezeichnung also seine eigentliche Bedeutung wie auch seine Verortung in der objektiv feststellbaren Realität verloren. Daher ist es fragwürdig, ob diese Verwendungen des Wortes nicht nur ein Fantasiekonstrukt sind.
Obschon diese drei Sequenzen des Reaction-Videos schon einiges hergeben, finden sich noch viele weitere Argumente und Streitigkeiten. Doch schon alleine die hier gezeigten Ausschnitte zeigen uns schon viele der zentralen Themen: Identität, Identifikation und Biologie. Wir haben gesehen, dass die Identifikation nicht mit der Identität gleichgesetzt werden kann und dass es Menschen gibt, die Ihre Identität an biologischen Kriterien festmachen, wie es z. B. Marcus tut, und dass es andere gibt, die Ihre Identität über ihr Empfinden definieren. In vielen Fällen identifizieren sie sich nicht mit den biologischen Eigenschaften ihres eigenen Körpers. Aus meiner Sicht stellt sich die Frage, ob es sich dabei um unschuldige Fantasie handelt oder schon eher um psychische Probleme, denn es scheint nicht gesund, die biologischen Fakten zu leugnen und sich teils in sehr bizarrer Weise mit etwas anderem zu identifizieren, als man ist.
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1 - YouTube\Jubilee: Does Feminism Include Trans Women? Female Feminists vs Antifeminists. https://www.youtube.com/watch?v=baaMpTGC04U
2- YouTube\The Offensive Tranny: "Trans Women Are Women!" Trans Guy Reacts To HEATED Jubilee Feminist Debate https://www.youtube.com/watch?v=DilkwMJTqvA
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